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den Berliner Hof, in der Bedrängnis in der er sich befand, nicht verletzen wollte, antwortete im
Namen seines über die eingegangene Note sehr niedergeschlagenen Herrn: »daß man sich über die
Unfreundschaftlichkeit und Unbilligkeit wundere, mit welcher man dem Hofe zu Dresden das Recht
abspreche, den Kohlhaas wegen Verbrechen, die er im Lande begangen, den Gesetzen gemäß zu
richten, da doch weltbekannt sei, daß derselbe ein beträchtliches Grundstück in der Hauptstadt
besitze, und sich selbst in der Qualität als sächsischen Bürger gar nicht verleugne.« Doch da die
Krone Polen bereits zur Ausfechtung ihrer Ansprüche einen Heerhaufen von fünftausend Mann an
der Grenze von Sachsen zusammenzog, und der Erzkanzler, Herr Heinrich von Geusau, erklärte:
»daß Kohlhaasenbrück, der Ort, nach welchem der Roßhändler heiße, im Brandenburgischen liege,
und daß man die Vollstreckung des über ihn ausgesprochenen Todesurteils für eine Verletzung des
Völkerrechts halten würde«: so rief der Kurfürst, auf den Rat des Kämmerers, Herrn Kunz selbst,
der sich aus diesem Handel zurückzuziehen wünschte, den Prinzen Christiern von Meißen von
seinen Gütern herbei, und entschloß sich, auf wenige Worte dieses verständigen Herrn, den
Kohlhaas, der Forderung gemäß, an den Berliner Hof auszuliefern. Der Prinz, der obschon mit den
Unziemlichkeiten die vorgefallen waren, wenig zufrieden, die Leitung der Kohlhaasischen Sache
auf den Wunsch seines bedrängten Herrn, übernehmen mußte, fragte ihn, auf welchen Grund er
nunmehr den Roßhändler bei dem Kammergericht zu Berlin verklagt wissen wolle; und da man sich
auf den leidigen Brief desselben an den Nagelschmidt, wegen der zweideutigen und unklaren
Umstände, unter welchen er geschrieben war, nicht berufen konnte, der früheren Plünderungen und
Einäscherungen aber, wegen des Plakats, worin sie ihm vergeben worden waren, nicht erwähnen
durfte: so beschloß der Kurfürst, der Majestät des Kaisers zu Wien einen Bericht über den
bewaffneten Einfall des Kohlhaas in Sachsen vorzulegen, sich über den Bruch des von ihm
eingesetzten öffentlichen Landfriedens zu beschweren, und sie, die allerdings durch keine Amnestie
gebunden war, anzuliegen, den Kohlhaas bei dem Hofgericht zu Berlin deshalb durch einen
Reichsankläger zur Rechenschaft zu ziehen. Acht Tage darauf ward der Roßkamm durch den Ritter
Friedrich von Malzahn, den der Kurfürst von Brandenburg mit sechs Reutern nach Dresden
geschickt hatte, geschlossen wie er war, auf einen Wagen geladen, und mit seinen fünf Kindern, die
man auf seine Bitte aus Findel- und Waisenhäusern wieder zusammengesucht hatte, nach Berlin
transportiert. Es traf sich daß der Kurfürst von Sachsen auf die Einladung des Landdrosts, Grafen
Aloysius von Kallheim, der damals an der Grenze von Sachsen beträchtliche Besitzungen hatte, in
Gesellschaft des Kämmerers, Herrn Kunz, und seiner Gemahlin, der Dame Heloise, Tochter des
Landdrosts und Schwester des Präsidenten, andrer glänzenden Herren und Damen, Jagdjunker und
Hofherren, die dabei waren, nicht zu erwähnen, zu einem großen Hirschjagen, das man, um ihn zu
erheitern, angestellt hatte, nach Dahme gereist war; dergestalt, daß unter dem Dach bewimpelter
Zelte, die quer über die Straße auf einem Hügel erbaut waren, die ganze Gesellschaft vom Staub der
Jagd noch bedeckt unter dem Schall einer heitern vom Stamm einer Eiche herschallenden Musik,
von Pagen bedient und Edelknaben, an der Tafel saß, als der Roßhändler langsam mit seiner
Reuterbedeckung die Straße von Dresden daher gezogen kam. Denn die Erkrankung eines der
kleinen, zarten Kinder des Kohlhaas, hatte den Ritter von Malzahn, der ihn begleitete, genötigt, drei
Tage lang in Herzberg zurückzubleiben; von welcher Maßregel er, dem Fürsten dem er diente
deshalb allein verantwortlich, nicht nötig befunden hatte, der Regierung zu Dresden weitere
Kenntnis zu geben. Der Kurfürst, der mit halboffener Brust, den Federhut, nach Art der Jäger, mit
Tannenzweigen geschmückt, neben der Dame Heloise saß, die, in Zeiten früherer Jugend, seine
erste Liebe gewesen war, sagte von der Anmut des Festes, das ihn umgaukelte, heiter gestimmt:
»Lasset uns hingehen, und dem Unglücklichen, wer es auch sei, diesen Becher mit Wein reichen!«
Die Dame Heloise, mit einem herzlichen Blick auf ihn, stand sogleich auf, und füllte, die ganze
Tafel plündernd, ein silbernes Geschirr, das ihr ein Page reichte, mit Früchten, Kuchen und Brot an;
und schon hatte, mit Erquickungen jeglicher Art, die ganze Gesellschaft wimmelnd das Zelt
verlassen, als der Landdrost ihnen mit einem verlegenen Gesicht entgegen kam, und sie bat
zurückzubleiben. Auf die betretene Frage des Kurfürsten was vorgefallen wäre, daß er so bestürzt
sei? antwortete der Landdrost stotternd gegen den Kämmerer gewandt, daß der Kohlhaas im Wagen
sei; auf welche jedermann unbegreifliche Nachricht, indem weltbekannt war, daß derselbe bereits
vor sechs Tagen abgereist war, der Kämmerer, Herr Kunz, seinen Becher mit Wein nahm, und ihn,
mit einer Rückwendung gegen das Zelt, in den Sand schüttete. Der Kurfürst setzte, über und über
rot, den seinigen auf einen Teller, den ihm ein Edelknabe auf den Wink des Kämmerers zu diesem
Zweck vorhielt; und während der Ritter Friedrich von Malzahn, unter ehrfurchtsvoller Begrüßung
der Gesellschaft, die er nicht kannte, langsam durch die Zeltleinen, die über die Straße liefen, nach
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