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»Die Lösung war so einfach«, sagte Miß Marple, »daß wir sie übersehen haben.«
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In diesem Augenblick tauchte der gebrechliche Butler auf und meldete: »Chefinspektor
Craddock ist da.«
»Schicken Sie ihn bitte rauf!« sagte Rudd.
Der Butler verschwand, und ein paar Sekunden später kam Craddock die Treppe hoch.
»Du!« sagte er zu Miß Marple. »Wie bist du denn hergekommen?«
»Mit Inch«, antwortete Miß Marple und stiftete damit die übliche Verwirrung, die diese
Bemerkung stets hervorrief.
Jason Rudd, der einen Schritt hinter Miß Marple stand, tippte s ich leicht gegen die Stirn.
Craddock schüttelte den Kopf.
»Ich sagte gerade zu Mr. Rudd«, begann Miß Marple und brach ab. »Ist der Butler
weg?« fragte sie dann.
Craddock warf einen Blick die Treppe hinunter. »Ja«, erwiderte er. »Er kann auch nicht
lauschen. Sergeant Tiddler sorgt dafür.«
»Dann ist alles in Ordnung«, stellte Miß Marple fest. »Natürlich müssen wir nicht
unbedingt hierbleiben, doch es wäre mir lieber, wenn wir uns direkt am Ort der
Geschehnisse unterhalten könnten. So wird alles leichter zu verstehen sein.«
»Sie sprechen von dem Tag«, sagte Rudd, »an dem hier das Wohltätigkeitsfest stattfand
und an dem Heather Badcock vergiftet wurde?«
»Ja«, erwiderte Miß Marple, »und ich behaupte immer noch, daß die Lösung sehr
einfach ist, wenn man es un ter dem richtigen Blickwinkel betrachtet. Alles begann mit
Heather Badcock, weil sie so war, wie sie war. Eigentlich hätte man sich denken können,
daß so was mal mit ihr passierte.«
»Worauf wollen Sie nur hinaus?« fragte Rudd. »Ich begreife kein Wort!«
»Ja, ich muß es ein wenig näher erklären. Wissen Sie, als meine Freundin, Mrs. Bantry,
die einer Ihrer Gäste war, mir die Szene beschrieb, zitierte sie ein paar Zeilen aus einem
Gedicht, das ich als junges Mädchen sehr geliebt habe. Es stammt von Lord Tennyson
es ist : The Lady of Shalott9 .« Sie hob ihre Stimme ein wenig. »Der Spiegel bekam
einen Sprung von einer Seite zur ändern. : Ich bin verdammt!9 rief Lady of Shalott... Das
ist es, was Mrs. Bantry sah oder zu sehen glaubte. Obwohl sie sich nicht mehr genau
an das Gedicht erinnerte und verdammt sagte, statt verflucht, was unter den gegebenen
Umständen vielleicht sogar das passendere Wort ist. Sie beobachtete, wie Ihre Frau sich
mit Heather Badcock unterhielt, und dann bemerkte sie diesen Ausdruck auf i
hrem
Gesicht.«
»Haben wir das nicht schon viele Male besprochen?« fragte Rudd. »Ja, trotzdem müssen
wir uns noch einmal mit der Szene beschäftigen«, antwortete Miß Marple. »Als jener
Ausdruck auf dem Ge sicht Ihrer Frau lag, blickte sie nicht Heather Badcock an, sondern
das Gemälde, das Bild einer lachenden glücklichen Mutter, die ein fröhliches Kind in
den Armen hält. Wir unterlagen dem Irrtum anzunehmen, daß Marina Gregg das Unheil
treffen müßte, dabei galt es Heather Badcock. Seit dem Augenblick, da He ather Badcock
ihre Geschichte zu erzählen begann und mit ihrem Erlebnis von damals prahlte, war ihr
Schicksal besiegelt.«
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»Könntest du nicht etwas deutlicher werden?« fragte Craddock. Miß Marple wandte sich
ihm zu. »Natürlich. Aber dies ist eine Sache, von der du nichts wissen kannst. Denn
niemand hat dir gesagt, was Heather Badcock tatsächlich erzählte.«
»Aber man hat es mir berichtet!« protestierte Craddock. »Immer wieder. Mehrere Leute
haben es mir beschrieben.«
»Ja, schon«, entgegnete Miß Marple. »Nur kannst du es nicht genau wissen, weil es dir
Heather Badcock nicht direkt geschildert hat.«
»Das hätte sie kaum tun können, denn sie war bereits tot, als ich ankam.«
»Ganz recht«, sagte Miß Marple. »Du weißt nur, daß sie krank war, trotzdem aufstand
und zu dieser Feier ging, wo sie Marina Gregg traf und sie um ein Autogramm bat, das
sie auch erhielt.«
»Ich kenne die Geschichte«, erwiderte Craddock etwas ungeduldig. »Ich habe sie schon
oft gehört.«
»Aber den einen wesentlichen Satz hast du nicht gehört, weil ihn niemand für bedeutsam
hielt«, sagte Miß Marple. »Heather Badcock lag im Bett, weil sie die Röteln hatte.«
»Die Röteln? Was, in aller Welt, hat das mit ihrer Ermordung zu tun?«
»Es ist keine gefährliche Krankheit«, sagte Miß Marple. »Man fühlt sich eigentlich nicht
krank. Man bekommt einen Ausschlag, den man mit Puder verdecken kann, und etwas
Fieber, aber nicht hoch. Man kann sogar ausgehen und Leute sehen, wenn einem danach
zumute ist. Und während Heather Badcock ihre lange Ge schichte erzählt e, fiel die
Tatsache, daß es sich um Röteln handelte, nicht besonders auf. Mrs. Bantry berichtete
zum Beispiel nur, daß Heather Badcock krank gewesen sei, und sprach von Windpocken
und Nesselfieber. Mr. Rudd hier sagte, es sei eine Grippe gewesen, aber na türlich sagte
er das absichtlich. Doch ich persönlich bin überzeugt, daß Heather Badcock Miß Gregg
erzählte, sie habe die Röteln gehabt und sei trotzdem aufgestanden, um sie zu sehen und
ein Autogramm zu bekommen. Und das ist die Antwort auf unser Problem, denn Röteln
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