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ihnen noch immer auf den Fersen war, hätte er sie längst eingeholt
haben müssen.
Sie konnten nach Hause zurückkehren, und Soli konnte sich
dem Vater ihrer Wahl anschließen, und Var konnte wieder
Krieger sein, und ihre Beziehung hätte ein Ende gefunden. Aber
dann würden sie sich vielleicht nie mehr wiedersehen. Und so
fuhren sie nach Westen.
Ein Sturm erhob sich, und sie legten in aller Eile an der Küste
einer verlassenen Insel an. Dann kam wieder Schönwetter, und sie
fuhren mit Höchstgeschwindigkeit und ließen das Boot zeigen,
was es konnte.
Und mit der Zeit erschien ihnen der ganze zwei Jahre währende
Aufenthalt auf Neu Kreta als etwas völlig Abgetrenntes, als
unwirkliche Erinnerung. Soli wurde wieder das Kind von ehedem,
Var der häßliche Krieger. Sie waren für die Liebe nicht bereit. Sie
waren zwei Menschen, die ein gemeinsames Ziel verband und
eine unausgesprochene Zuneigung.
So war es jedenfalls, wie Var es sah, obwohl es ihm weder so
klar noch so bewußt war. Mehr als einmal ertappte er Soli, wie sie
seinen Armreif anstarrte. Vielleicht dachte sie daran, wie sie den
Reif für ihn gerettet hatte und dabei fast ihr Leben opferte. Es tat
ihm richtig leid, daß er ihr gesagt hatte, wie töricht das war, denn
es hatte sie sicher gekränkt aber es stimmte. Hätte sie den
Armreif verkauft, hätten sie die zwei Jahre auf Neu Kreta nicht
auf sich nehmen müssen.
Und das führte ihn im Kreis zu einem anderen Punkt, jenem
Umstand nämlich, den Minos hervorgehoben hatte. Konnte der
Herr Solis natürlicher Vater sein? Ihm schien das nun unsinniger
als damals in der Höhle, und Var brachte es nicht über sich, die
Frage offen zu stellen. Wie würde Soli reagieren, wenn man die
Vaterschaft Sols in Frage stellte? Sie liebte ihn über alles, und sie
kannte den Herrn kaum. Und wenn es stimmte, wie würde der
Herr reagieren, wenn er erfuhr, daß Var ihn angelogen hatte und
ihn in dem Glauben gelassen hatte, seine Tochter hätte den Tod
gefunden?
Die Weite des Meeres setzte sich unendlich fort, hypnotisch,
schön und tödlich langweilig. Die spärlichen Inseln waren kahl,
und ihre Lage entsprach nicht genau den Angaben der Karte. Sie
wechselten sich am Steuer ab und richteten sich nach dem
Kompaß, einer Meßeinrichtung, die immer nach Norden wies. Sie
richteten sich auch nach den Sternen, und wann immer sie ein auf
der Karte zu erkennendes Kennzeichen sahen, nahmen sie eine
entsprechende Kurskorrektur vor.
Und wenige Tage, nachdem sie schon geglaubt hatten, der
Ozean nähme gar kein Ende, sichteten sie das Festland von Asien.
Und die Menschen dort sprachen so, daß man sie nicht
verstehen konnte.
»Ja, natürlich«, sagte Soli, als Antwort auf seine Verwirrung.
»Sie sprechen chinesisch. Oder sie werden es sprechen, wenn wir
in China ankommen. Nach der Karte ist es nun, wir haben noch
einen langen Weg vor uns.«
Zweitausend Meilen oder mehr, so schien es Var. Eine Reise
von Monaten.
Sie hatten das Meer satt, aber der Landweg erschien ihnen noch
unsicherer. Sie suchten sich einen Ort aus, an dem sie Treibstoff
kaufen konnten, den sie mit Gegenständen aus dem Boot
bezahlten und fuhren nun westwärts entlang der Kurilen, dann
nach Norden ins Innere von Sachalin und schließlich zurück zur
Mandschurei. Die wohlklingenden, aus der Zeit vor dem Brand
stammenden Namen wirkten faszinierend.
Jetzt erschien ihnen der Landweg kürzer und sicherer. Da sie
das Boot nicht mehr benutzten, mußten sie es loswerden. Sie
entschlossen sich zum Verkauf. An einem Ort, wo sie ähnliche
Boote sahen, erkundigten sie sich, bis schließlich ein alter Mann
gefunden wurde, der ein wenig amerikanisch sprach.
»Amerika?« fragte er verwundert. »Kaputt Brand.«
Mit der Zeit gelang es ihnen, ein paar Leute zu ihrem Boot zu
lotsen, und in weiterer Folge wurde der Kauf perfekt. Soli hatte
erwartet, daß man sie übers Ohr zu hauen, versuchte, doch sie
hatten keine andere Wahl. Sie bekamen jedenfalls genug Geld,
um sich die hier übliche Kleidung und die notwendigste
Ausrüstung beschaffen zu können, dazu eine Art Fibel in der
Landessprache, und dazu einen alten, vor dem Brand
entstandenen Text mit amerikanischer Übersetzung.
Wieder machten sie sich zu Fuß auf Wanderschaft und bläuten
einander die geschriebenen Symbole ein. Soli sagte, sie wären
anders als die Schrift, die sie kannte, ergäben aber einen Sinn,
sobald man sich an sie gewöhnt hätte. Und obgleich es viele
gesprochene Dialekte gab, so daß Reisende wie sie ständig von
neuem verwirrt wurden, war die geschriebene Sprache für das
Gesamtgebiet gültig. Mit Hilfe dieser Symbole konnten sie sich
stets einigermaßen verständigen, vorausgesetzt, sie trafen auf
jemanden, der lesen konnte.
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